Wichtig: Anspruchsteller/Mandant des Rechtsanwalts bei Sachbeschädigung ist grundsätzlich der Eigentümer des Kraftfahrzeugs. Beispiele:
Erster Rat: Entscheiden Sie selbst, wer Kostenvoranschlag bzw. Gutachten erstellt. Lassen Sie sich grundsätzlich nicht von der Schädigerseite (Versicherung) einen Gutachter stellen (Ausnahme: Unklare Haftungslage; siehe unten „Kosten eines Gutachtens“).
Vorteil des Gutachtens: Sollte das Kfz durch den Unfallschaden eine Wertminderung erfahren haben (verminderter Marktpreis, der am Fahrzeug verbleibt, selbst wenn fachgerechte Reparatur durchgeführt würde), wird diese Wertminderung nur im Gutachten ermittelt (im Kostenvoranschlag grds. nicht).
Bei Schäden größeren Umfangs oder mit unklarer, evtl. nicht durch einfache Inaugenscheinnahme ermittelbarer Beschädigung des Kfz ist grundsätzlich zum Sachverständigengutachten zu raten. Liegt ein Totalschaden vor, kann dieser grundsätzlich nur durch ein Gutachten festgestellt werden.
Die Höhe des Reparaturkostenaufwands ist entweder durch Kostenvoranschlag oder durch Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen. Vorteil des Kostenvoranschlags: Keine oder geringe Kosten für die Schadensermittlung. Bei voraussichtlichen Reparaturkosten bis zu etwa € 1.000,00 brutto oder darunter ist ein Kostenvoranschlag grundsätzlich ausreichend. Die Kosten eines Gutachtens werden bei derartigen Kleinschäden sonst auch möglicherweise nicht erstattet.
Je nach Verhältnis der Reparaturkosten zu Wiederbeschaffungswert und Restwert liegt an dem Kfz ein Reparaturschaden oder Totalschaden vor. Die Darstellung erfolgt im Folgenden nicht systematisch, sondern erklärend aufeinander aufbauend.
Einfacher Reparaturschaden
Die Reparaturkosten liegen – weit – unterhalb des Wiederbeschaffungswerts; ggf. wurde der Restwert des Kfz gar nicht ermittelt, da sowohl in technischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht stillschweigend davon ausgegangen wird, dass der Geschädigte sein Fahrzeug behalten und – nicht zwingend – reparieren lässt. Er hat einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten.
Beispiel: Wiederbeschaffungswert des Kfz (= Marktwert unmittelbar vor dem Schadensereignis) beträgt € 20.000,00. Die Stoßfängerverkleidung ist nach Auffahrunfall beschädigt. Die Reparaturkosten werden mit € 1.300,00 netto ermittelt. Der Restwert des Fahrzeugs (= Wert des Fahrzeugs im unreparierten Zustand nach dem Schadensereignis) spielt hier keine Rolle; der Geschädigte kann die Erstattung der Reparaturkosten beanspruchen.
Umsatzsteuer
Ohne Nachweis der Reparatur durch eine entsprechende Rechnung, in der die Umsatzsteuer ausgewiesen ist, hat der Geschädigte zunächst Anspruch auf die Reparaturkosten netto, also ohne die Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer wird nur erstattet, soweit sie auch angefallen und verauslagt wurde. Die Rechnung kann einzelne Ersatzteile betreffen (dann wird aus den Ersatzteilrechnungen die Umsatzsteuer erstattet), eine Reparatur nur eines Teils des Unfallschadens oder auch eine Gesamtreparatur.
Wirtschaftlicher Totalschaden
Die Kosten für eine Reparatur des Unfallschadens am Kfz sind im Verhältnis zu dem Wert des Kfz hoch, und zwar höher als die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert und übersteigt diese auch noch um 30 %.
Beispiel 1: Wiederbeschaffungswert brutto € 20.000,00 – netto € 16.806,72
Restwert brutto € 1.000,00 – netto € 840,34
Reparaturkosten brutto € 32.000,00 - netto € 26.890,76
Der Totalschaden und damit der Anspruch des Geschädigten belaufen sich zumindest auf € 15.806,72. Wird keine Ersatzbeschaffung durchgeführt, verbleibt es bei dieser Abrechnung.
Ersatzbeschaffung und Umsatzsteuer
(betrifft Verbraucher, also Vorsteuerabzugsberechtigung besteht nicht)
Beschafft sich der Geschädigte nach Kfz-Totalschaden ein Ersatzfahrzeug, wird ihm erst dann und soweit die Umsatzsteuer erstattet, wie sie auch entstanden und ausgewiesen ist, bis zum Betrag der Umsatzsteuer aus dem Wiederbeschaffungswert des Unfallfahrzeugs (in obigem Beispiel: bis zu der in € 20.000,00 enthaltenen Umsatzsteuer i.H.v. € 3.193,28).
Beispiel 2: Ein Ersatzfahrzeug wird angeschafft zum Brutto-Preis i.H.v. € 23.000,00. Darin enthalten sind eigentlich € 3.672,27. Erstattet wird die Umsatzsteuer jedoch nur bis zum Betrag i.H.v. € 3.193,28.
Beispiel 3: Das Ersatzfahrzeug kostet brutto € 15.000,00, darin enthalten sind € 2.394,96 Umsatzsteuer. Diesen Betrag erhält der Geschädigte noch erstattet, die Differenz zu der Umsatzsteuer aus dem ursprünglichen Unfallfahrzeug (€ 3.193,28) i.H.v. € 798,32 jedoch nicht.
Liegen die geschätzten Reparaturkosten brutto unter dem Wiederbeschaffungswert brutto, kommt es zunächst darauf an, welcher Wert niedriger ausfällt: Reparaturkosten oder Wiederbeschaffungsaufwand (Differenz aus Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert). Für die vorläufige – fiktive – Abrechnung kann der Geschädigte dann entweder zunächst Erstattung der Reparaturkosten netto oder – falls niedriger – des Totalschadens (Wiederbeschaffungwert netto abzgl. Restwert brutto) verlangen.
Je nachdem, für welche Lösung sich der Geschädigte sodann entscheidet, richtet sich die Anspruchsberechnung danach.
Die Reparaturkosten wurden ermittelt mit netto € 3.000,00, der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs mit € 4.165,00 brutto (entspricht netto € 3.500,00), der Restwert mit brutto € 1.500,00.
Der Anspruch vorläufig errechnet sich aus dem niedrigeren Wiederbeschaffungsaufwand (€ 3.500,00 WBW netto abzgl. € 1.500,00 RW brutto), also € 2.000,00. Der Geschädigte führt jedoch eine (Teil-)Reparatur des Kfz durch, das Fahrzeug wird in einen verkehrssicheren zustand versetzt und weitergenutzt für einen Zeitraum von zumindest sechs Monaten (ab Unfalltag gerechnet). Er hat den Restwert i.H.v. € 1.500,00 also nicht aktiviert. Durch die Weiternutzung weist der Geschädigte vielmehr sein sog. Integritätsinteresse nach. Er kann eine Nachregulierung verlangen bis zur Höhe der fiktiv i.H.v. € 3.000,00 ermittelten Reparaturkosten, also nach dem Beispiel noch € 1.000,00.
130 %-Grenze
Beispiel: Der Gutachter ermittelt Reparaturkosten (brutto), die den Wiederbeschaffungswert (brutto) überschreiten, aber nur bis zu 30 %.
Es liegt zunächst ein Totalschaden vor, der auch so abgerechnet wird. Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten besteht aber dann, wenn die Reparatur ordnungsgemäß und fachgerecht durchgeführt wird, in der Regel nach den Vorgaben des Gutachtens vollständig und die Höhe der Reparaturkosten entsprechend durch Rechnung nachgewiesen wird. Eine Weiternutzung bis über sechs Monate nach dem Unfalltag ist ebenfalls Bedingung. Das Risiko, dass die vom Gutachter ursprünglich geschätzten Kosten die 130 %-Grenze überschreiten, trägt der Versicherer/Schädiger.
Aktuell: Liegen die ursprünglich geschätzten Kosten über der 130 %-Grenze, führt der Geschädigte aber eine fachgerechte Reparatur nach den Vorgaben des Gutachtens durch, unterschreitet dabei aber durch Verwendung gebrauchter Ersatzteile mit den Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert, so kann der Schädiger dennoch verpflichtet sein, die Reparaturkosten zu erstatten.